Cocaine Hippos2 Foto von Arda Yurdusev

SWANGATE (UA) – Siegerprojekt des Köster-Preises 2023

A GATHERING ABOUT BIRD SONGS AND ANIMATRONICS

SA | 20. Mai 2023
20:00 Uhr Uraufführung: SWANGATE
21:00 Uhr Preisverleihung des Köster-Preises 2023
Schaulust Bremen

Das Gewinner-Team des Köster-Preises steht fest!
Seit Beginn des Jahres 2022 konnten sich internationale Teams mit einem neuartigen Aufführungskonzept für Neue Musik bewerben, um den diesjährigen Köster-Preis zu gewinnen. Ausgestattet mit 30.000 Euro ist dieser Preis einer der höchstdotierten Auszeichnungen im Bereich der Neuen Musik. Eine international besetzte Experten-Jury ermittelte das Siegerprojekt, das am Samstag, 20. Mai, um 20 Uhr in der Schaulust in Bremen während des „realtime-festivals“ uraufgeführt wird.

Was ist SWANGATE?

Eine künstliche Intelligenz hat die Welt in Form von Robotervögeln erobert, mit denen nur über Ton kommuniziert werden kann.
Die klassische Theaterbühne verwandelt sich in eine rituelle, ornithologische Versammlung und einen Ort des Miteinanders, des Austauschs von Wissen, wobei allerdings die Grenzen zwischen Gut-Falsch oder Wahrheit-Lüge verschwimmen. Denn hier zeigt sich einerseits ein Zufluchtsort, der vor der Außenwelt, vor Regierungsdrohnen und künstlicher Überwachung sicher scheint. Auf der anderen Seite entsteht ein klaustrophobisches Panoptikum, in dem Abwehr- und Sicherheitsmaßnahmen gegen die Gefahren der heutigen Gesellschaft dominieren.
Künstliche Vögel kommentieren Deep-State-Szenarien (eine Art Schattenregierung verfolgt ihre eigene Agenda und entzieht sich der Kontrolle durch das Parlament), die in der aktuellen Gesellschaftsdebatte eine bedrohliche Rolle spielen. Eine Form der staatlichen Überwachung wurde bereits von George Orwell in seinem Roman 1984 dargestellt und später von Philosophen wie Michel Foucault skizziert.
Das Stück spielt mit der Grenze zwischen Realitäten, zwischen surrealen Szenarien zur antifaktischen Erklärung der Welt und der sehr realen, existentiellen und überwältigenden Erfahrung unseres digitalen Informationszeitalters.

Zentrales Motiv – Der Schwarze Schwan

Die Ikonographie des schwarzen Schwans nimmt hier eine zentrale Rolle ein. Es taucht während des gesamten Stücks in Form von diversen musikalischen Zitaten auf, die live gespielt werden: Olivier Messiaens „Catalogue d’oiseaux“, Pjotr Tschaikowskys „Schwanensee“, ebenso Zitate von M.I.A. und der K-Pop-Gruppe BTS. Auch lehnt sich die Produktion an die filmischen Hommagen von Alfred Hitchcocks „The Birds“ und Darren Aronofskys „Black Swan“ an.
Im dramatischen Höhepunkt manifestiert sich die Metapher in Form einer sich bewegenden und singenden animatronischen Figur und wird zum Hauptgegner der Künstler:innen.

Das Bild des Schwarzen Schwans bezieht sich dabei auf eine Theorie Nassim Nicholas Talebs aus dem Jahr 2001. Er beschreibt die Metapher des Schwarzen Schwans als ein Ereignis, das aufgrund der niedrigen Wahrscheinlichkeit völlig unerwartet eintritt und die Menschheit erstaunt. Zuvor wurde das Ereignis bei jeder Art von Risikobewertung durch Politik und Öffentlichkeit nicht einkalkuliert. Laut Taleb werden diese Ereignisse erst im Nachhinein rationalisiert und spielen, obwohl sie sehr selten sind, tatsächlich eine weitaus größere Rolle in der Menschheitsgeschichte als angenommen.

Die im Stück SWANGATE dargestellte (scheinbare oder wirkliche) Übernahme der Performance durch eine KI kann als ein Black-Swan-Event bezeichnen werden.
SWANGATE zeigt, wie unsere Gesellschaft widerstandsfähiger gegen plötzliche und grundlegende Veränderungen werden kann, nicht indem sie diese missachtet, sondern indem sie das Ereignis mit neuen Visionen und Handlungen annimmt.

Mensch und Technik – eine besondere Verbindung!

SWANGATE verleiht dem Bereich des zeitgenössischen Musiktheaters eine Neuartigkeit mit der Kombination aus augenzwinkerndem Gesellschaftskommentar und Guerilla-Theater-Show, klassischer Ballettinszenierung, einem suggestiven Bühnenkonzept und dem Einsatz modernster Technik wie Computer-Visionen, künstlicher Intelligenz und Robotik. Nicht nur durch seinen gesellschaftsaktuellen Inhalt, sondern auch durch die technischen und kompositorischen Werkzeuge, die während der Aufführung eingesetzt werden, versucht dieses Projekt die Grenzen des Genres auf innovative Weise herauszufordern.
Das Stück ist als Dreiakter realisiert. Es geht von einer beschwörenden Klangumgebung ausgeht, steigert sich zu einer Apotheose und gipfelt in ihren musikalischen und theatralischen Höhepunkt, in dem die Erwartungen an Wahrheit und Fiktion auf den Kopf gestellt werden. Die Verbindung zwischen Menschheit und Technik scheint untrennbar.

Künstler:innen:
COCAINE HIPPOS – Konzept, Komposition & Performance
Bernat Pont Anglada – COLIBRI
João Calado – FALCON
Severin Dornier – RAVEN
Mireia Pellisa Martin – PENGUIN
Karolina Jansova – LEMČÍK – Szenografie

Jury Begründung für den Köster-Preis 2023 – SWANGATE

Die Gruppe COCAINE HIPPOS laden uns mit SWANGATE zu einer „immersiven“ Erfahrung ein und das in einem wirklich umfassenden Sinne: Musik, Video-Kunst, Robotik, Künstliche Intelligenz und Performance, in die das Publikum mit eingebunden werden soll, versprechen ein fantasievolles, hochsinnliches und zeitgenössisches Musiktheater, das durch einen spannenden Überwältigungsfuror für die Neue Musik einnehmen will.
Die Auseinandersetzung mit der Welt, in der wir leben oder die uns bald erwartet, wird uns in einer theatralisch-musikalischen Dystopie vor Augen geführt: Verschwörungstheorien, staatliche Überwachung, Wahrheit und Fiktion, Mensch und Technologie.
Die spielerische und humorvolle Konzeption hat die Jury vom ersten Moment an begeistert und auf vielen Ebenen angesprochen und wir sind sehr gespannt auf das Live-Erlebnis.

Das ist die Jury des Wettbewerbs.

Zurück