Finale I+II –Das große Abschlusskonzert des realtime-festivals

Andi Otto Trio Foto von Konstantin von Sichart und Antonia Lange

Am Sonntag, 21. Mai 2023 findet um 18 Uhr das große Finale des realtime-festivals mit zwei aufeinanderfolgenden Konzerten im Schlachthof (Kesselhalle) statt:

Finale I:
Generation Kill
mit dem Nadar-Ensemble aus Belgien
Stefan Prins mit „Generation Kill – offspring #1 (2012)“ für Percussion, Violoncello, 2 Musiker:innen mit Gamecontroller, Live-Electronik & Live-Video

Finale II:
Andi Otto Band:
mit Andi Otto und seinem selbentwickelten „Fello“ sowie Manuel Chittka am Schlagzeug und Sebastian Kokus am Bass und Werken aus aktuellen Alben „Bow Wave“ und „Entangleland“ in Verbindung mit freien Improvisationen

Das Nadar-Ensemble: Generation Kill – offspring #1 (2012)

Finale I:
Das Nadar-Ensemble präsentiert: Generation Kill – offspring #1 (2012)
Videospiele, Social Media und das Internet sind allgegenwärtig. Wie aber wirken sie sich auf unsere Wahrnehmung und die Realitäten, in der wir leben, aus? Beeinflussen Videospiele Kriege? Werden in Zukunft Kriege wie Videospiele geführt?
„Generation Kill“ des belgischen Komponisten Stefan Prins ist ein hochaktuelles und brisantes Stück, das zum Nachdenken über Bildmanipulation anregt. Es ist ein Werk „über die zunehmende Bedeutung von Internet, Netzwerken und sozialen Medien, über Videospiele und Kriege, die wie Videospiele geführt werden, auf der Grenze zwischen Realität und Virtualität“, wie er selbst schreibt.
Auf der Bühne entsteht eine multiperspektivische Welt, die den Zusammenhang zwischen Virtualität und Realität vergegenwärtigt. Die Musiker:innen des Nadar-Ensembles bedienen neben den Instrumenten auch Spielekonsolen und lassen Audio- und Videosamples mit akustischem Instrumentalspiel untereinander agieren und sich gegenseitig kontrollieren.
Tatsache ist, dass bis heute angehende Soldaten mit Videokriegsspielen auf den Krieg vorbereitet werden.
Ein tiefgreifendes Stück, dass aktueller kaum sein kann.
Mit Unterstützung von klangpol.

Finale II:
Andi Otto Band präsentiert den „Fello“
Schon bei der ersten Ausgabe des Realtime-Festivals 2021 sorgte Andi Otto für Begeisterung beim Festivalpublikum. In diesem Jahr bildet er darum, diesmal zusammen mit seiner Andi Otto Band, den perfekten Abschluss dieses Festivals, bei dem neue innovative Aufführungen im Mittelpunkt stehen. Der Hamburger Musiker entwickelte nämlich den „Fello“, ein System aus einer Kombination von Cello, Sensoren und Software. Die Klänge des Cellos werden dabei durch Gesten mit dem Bogen verändert – und das Publikum kann live zuschauen, wie Andi Otto seinen „Fello“ zum Klingen bringt. Der Bogen tanzt durch die Luft und erzeugt atemberaubende sphärische Klänge. Gemeinsam mit Manuel Chittka am Schlagzeug und Sebastian Kokus am Bass entsteht eine Musik von atemberaubender Sogkraft.
Das Trio interpretiert Kompositionen der aktuellen Alben „Bow Wave“ und „Entangleland“ in Verbindung mit freien Improvisationen.

Im Anschluss kann das Publikum die Bühne erobern und Andi Otto Fragen zum Fello stellen, die der Musiker ausführlich beantworten und mit Klangbeispielen untermalen wird.

Anschließend Meet & Greet im Foyer und Ausklang des Festivals!

Tickets: 40 €
ermäßigt: 12 €
(ermäßigt sind alle Menschen bis 30 Jahre, Auszubildende, Studierende, Rentner*innen, Erwerbslose und Schwerbeschädigte)

Viten:

Stefan Prins
1979 in Belgien geboren, absolvierte zunächst ein Ingenieursstudium, woran sich ein Klavier- und Kompositionsstudium in Antwerpen und weiterführende Ausbildungen (Musiktechnologie, Sonologie, Kultur- und Technologiephilosophie) anschlossen. 2011 nahm er ein Ph.D.-Studium in Komposition an der Harvard University bei Chaya Czernowin auf. Seine Stücke erlangten große internationale Erfolge, werden von führenden Interpreten und Orchestern aufgeführt und wurden vielfach prämiert wie mit dem Young Composers Award der ISCM World Music Days (2014) oder dem Kranichsteiner Musikpreis (2010). Die Royal Flemish Academy of Belgium for Science and the Arts ernannte ihn zum Laureaten. Besonders eng arbeitet er mit dem belgischen Nadar Ensemble zusammen und war Mitbegründer des collectief reFLEXible, das auf Improvisation und multidisziplinäre Aufführungen spezialisiert ist.
www.stefanprins.be

Ensemble Nadar
Das Nadar-Ensemble wurde 2006 von einer Gruppe junger Musiker:innen gegründet, die eine gemeinsame Leidenschaft für zeitgenössische Musik teilen. Der Name des Ensembles gründet sich auf Nadar, ein Pseudonym von Gaspard-Félix Tournachon (1820-1910), der als Fotograf, Karikaturist und Kunstkritiker zum interdisziplinären Dialog einlud.
Das Nadar-Ensemble hat sich auf Werke von Komponisten der jüngsten Generation aus Belgien und dem Ausland wie Stefan Prins, Daan Janssens, Johannes Kreidler, Martin Schüttler, Alexander Schubert und Simon Steen-Andersen spezialisiert und sucht nach Alternativen und Ergänzungen zur gängigen Konzertform.
Das Nadar-Ensemble trat auf bei Festivals wie Ars Musica Brüssel, Handelsbeurs Gent, De Bijloke Gent, Concertgebouw Brügge, TRANSIT Festival Leuven, De Singel Antwerpen, Harvest Festival Denmark, Festival Musica Strasbourg, Tzlil Meudcan Tel Aviv, Blurred Edges Hamburg, Acht Brücken Köln, Rotterdam Philharmonic Gergiev Festival, Open Music Graz und den Donaueschinger Musiktagen.
www.nadarensemble.be

Andi Otto studierte Musikwissenschaft und Linguistik und schloss 2008 mit dem Master in Angewandten Kulturwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg ab. Seine Doktorarbeit verfasste er über das STEIM SensorLab, einem experimentellen Musik-Interfaces aus den 1980ern. Otto ist heute Komponist und Performer elektronischer Musik. Im Zentrum seiner Arbeit steht das selbstentwickelte Instrument „Fello“, eine elektronische Erweiterung des Cellobogens mit Bewegungssensoren. Konzerte führen ihn rund um den Globus. Er ist Mitglied des Flinn-Works Theaterkollektivs in Berlin, betreibt das Vinyl-Label Pingipung und komponiert für Theater-, Film- und Tanzproduktionen.
Seit 2004 veröffentlichte er sieben Solo-Alben, u.a. bei Multi Culti, Shika Shika und Pingipung. Bis 2015 verwendete er das Pseudonym „Springintgut“ für seine Veröffentlichungen.
Neben seiner Konzerttätigkeit unterrichtet er Medientheorie und gibt Workshops an der HKB in Bern und der Humboldt-Universität Berlin.
www.andiotto.com / Insta: antioddo

Manuel Chittka ist Schlagzeuger, Percussionist und Komponist. Er arbeitet solo und in verschiedenen Gruppen und Projekten, und darüber hinaus gerne auch in interdisziplinären Kontexten wie Performance, Tanz, Bildende Kunst oder Film.
http://manuelchittka.com / Insta: manuelchittka

Sebastian Kokus ist als Bassist in verschiedenen Projekten tätig. Mit seinen Bands Love-Songs und Cloud Management hat er mehrere Alben produziert. Als Live-Unterstützung für Musiker wie Andi Otto oder Mona Steinwidder spielt er internationale Auftritte.

Alan T.

Alan T Warsaw Foto von Grzesizk Mart

Genreübergreifendes Musikwerk für Musiker:innen und Avatare

Am Freitag, 19. Mai, wird in der Bremer Shakespeare Compagnie das Musiktheater „Alan T“ des französischen Komponisten Pierre Jodlowski während des realtime-festivals aufgeführt.

Das genreübergreifende Kammermusikwerk ist für eine Sängerin, einen Schauspieler (männlich), fünf Musiker:innen und audiovisuelle Apparate konzipiert. An der Schwelle zum Operngenre angesiedelt, bewegt sich der Abend zwischen theatralischer Erzählung, rein musikalischen und gesungenen Sequenzen und Gesprächen mit Avataren.

Jodlowski erzählt in dem einstündigen Werk die letzten Tage des englischen Mathematikers Alan Turing (1912-1954). Turing dechiffrierte im 2. Weltkrieg die Enigma und gilt als Vater der Informatik. Hoch anerkannt als mathematisches Genie und doch letztlich wegen seiner Homosexualität Opfer des puritanischen Englands seiner Zeit. 1952 wurde er zur chemischen Kastration verurteilt. Alan Turing beendete sein Leben im sozialen Abseits und von der Gesellschaft ausgeschlossen, als Einsiedler in einer Ein-Zimmer-Wohnung, in der er im Alter von 42 Jahren unter noch nicht vollständig aufgeklärten Umständen starb. Erst Weihnachten 2013 wurde der Wissenschaftler von der britischen Krone rehabilitiert.

Das Libretto des Stücks verfasste der deutsche Autor und Buchpreisträger Frank Witzel. Der in sechs Teile gegliederte Text zeigt uns Turing – verkörpert von dem deutschen Schauspieler Thomas Hauser – in der Dämmerung seines Lebens: Allein, in seiner Wohnung, die er selbst „Nightmare Room“ nannte, erinnert er sich an seine Kindheit, seine Untersuchungen zum Thema Maschinen und künstlicher Intelligenz, die er selbst erfunden hat, und an seinen Prozess aufgrund seiner sexuellen Orientierung und Ausschluss aus der Gesellschaft.

Die musikalische Umsetzung erfolgt durch das renommierte Ensemble Nadar mit der Sopranistin Joanna Freszel.

FR| 19. Mai 2023
19.45 Uhr Einführung durch Prof. Dr. Frank Kirchner, Direktor des DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz)
20.00 Uhr Konzert
Shakespeare Company Bremen

Künstler:innen.
Pierre Jodlowski – Konzeption, Komposition, Inszenierung
Joanna Freszel – Sopran
Thomas Hauser – Schauspieler
Nadar Ensemble (bel) – Dries Tack (Klarinette), Kobe Van Cauwenberghe (Gitarre), Katrien Gaelens (Flöte), Thomas Moore (Posaune), Winnie Huang (Violine)
Yann Philippe und Matthieu Guillin – Live-Kameras
Werk: Alan T. (2021) von Pierre Jodlowski mit einem Libretto von Frank Witzel

Tickets: 40 €
ermäßigt: 12 €
(ermäßigt sind alle Menschen bis 30 Jahre, Auszubildende, Studierende, Rentner*innen, Erwerbslose und Schwerbeschädigte)

Hintergründe

Bühnenkonzept:
Die Bühnenarbeit selbst basiert auf dem Konzept der Ambiguität zwischen Mensch und Maschine. Die Bühne ist in zwei Hauptbereiche unterteilt: hinten die reale Welt, bestehend aus Elementen aus Turings Wohnung (Schreibtisch, Bücherregal, Bett…). Der Protagonist wandert durch den Raum, vertraut sich einem Aufnahmegerät an, macht sich Notizen, konsultiert sein Archiv…
Hinter der Bühne die Maschine: ein halbkreisförmiger Raum, der durch transparente Paneele abgegrenzt und mit einem riesigen technischen Apparat (Computer, Projektionswände, Kabel) gefüllt ist. In diesem kalten, technologischen Raum sind die fünf Musiker gewissermaßen Operatoren, deren Arbeit in einer feindseligen, komplexen Umgebung aus Klängen, Lichtern und Videobildern stattfindet. Dabei hat jeder Musiker einen eigenen Avatar, der über ein eigens für das Projekt erstelltes Programm gesteuert wird.

Die Sängerin oszilliert zwischen diesen beiden Welten: Wiederverbunden mit der realen Welt, wenn sie in der Wohnung an einem Dialog mit Turing teilnimmt, und darüber hinaus aktive Teilnehmerin am Betrieb der Maschine während der gesungenen Sequenzen, in denen ihre Stimme ertönt wird multipliziert und mit den elektronischen Texturen verschmolzen.

An der Schwelle zum Operngenre angesiedelt, bewegt sich das Projekt zwischen theatralischer Erzählung, rein musikalischen und gesungenen Sequenzen und Gesprächen zwischen Avataren.

Der Komponist PIERRE JODLOWSKI
Pierre Jodlowski ist Komponist, Performer und Multimedia-Künstler. Seine oft von hoher Dichte geprägte Musik steht an der Schnittstelle von akustischem und elektrischem Sound und ist geprägt durch dramatischen und politischen Anker.
Seine Arbeit als Komponist führte ihn in Frankreich und im Ausland zu den Orten, die sich der zeitgenössischen Musik sowie anderen künstlerischen Bereichen wie Tanz, Theater, bildender Kunst und elektronischer Musik widmen. Seine Arbeit entfaltet sich heute in vielen Bereichen: Film, interaktive Installationen, Inszenierung. Er definiert seine Musik als einen «aktiven Prozess» auf der physischen Ebene [musikalische Gesten, Energie und Raum] und auf der psychologischen Ebene [Beziehung zur Erinnerung und visuelle Dimension des Klangs].
Parallel zu seinen Kompositionen tritt er auch in verschiedenen Szenen auf (experimentell, Jazz, elektronisch), solo oder mit anderen Künstlern.

Das ENSEMBLE NADAR
Das Nadar Ensemble wurde 2006 von einer Gruppe junger Musiker gegründet, die ein gemeinsames Interesse und eine gemeinsame Leidenschaft für zeitgenössische Musik teilen. Als Name für das Ensemble wurde eine Anspielung auf den echten Nadar gewählt: das Pseudonym des Fotografen Gaspard-Félix Tournachon (1820-1910), dessen multidisziplinäres Talent und Abenteuergeist das Ensemble darstellen möchte.
Das Nadar Ensemble tritt in Konzertsälen und Festivals im In- und Ausland auf, 2014 zum dritten Mal bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik Darmstadt auf. 2015 brachte Nadar RECHT – Economies of Trade II, ein Musiktheaterstück von Hannes Seidl und Daniel Kötter zur Uraufführung in Frankfurt, Gent und Berlin. Während der Donaueschinger Musiktage 2015 hat Nadar Mirror Box Extensions von Stefan Prins und Bluff von Michael uraufgeführt Beil und Thierry Brühl. Im Jahr 2016 Nadar arbeitete mit Sergey Khismatov, Alexander Khubeev, Alex Nadzharov und Marina Poleukhina für Lesaserma Pokhunakhis zusammen, ein multidisziplinäres Konzert über eine vergessene russische Schriftstellerin.
Von 2017 bis 2021 war Nadar Artist in Residence im Concertgebouw Brugge und arbeitete regelmäßig mit deSingel, dem Klara Festival und dem Transit Festival zusammen. Gemeinsam mit MATRIX [Neues Musikzentrum] Nadar organisiert jährlich eine Sommerakademie für junge Musiker (14 bis 20 Jahre). 2019 organisieren deSingel Antwerpen und Nadar die 2. Ausgabe einer internationalen Sommerschule für junge Komponisten.
Das Nadar Ensemble wird von der flämischen Regierung und der Stadt Sint-Niklaas unterstützt.

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